Wie ich hier bereits erwähnt habe, liebe ich Frankreich – etwas konkreter das Baskenland. Ich habe mehrere Monate in Biarritz verbracht, habe die Sprache zu gelernt, schloss Freundschaften, habe die Region erkundet und habe mich so sehr in diesen Ort verliebt. Weil hier gibt es alles was das Herz begehrt: das Meer, die Berge, unglaublich gutes Essen, spannende Geschichte, kleine Dörfer, alte Traditionen und eine Sprache, die Linguisten vor ein Rätsel stellt.

Deshalb wusste ich von Anfang an, dass ich über einen Roman schreiben wollte, der hier spielt und habe mich auf die Suche nach Literatur gemacht, die im Baskenland spielt. Und ich wurde fündig: Patria von Fernando Aramburu hat mich direkt von der ersten Seite gefesselt und ich wurde in die dramatische Geschichte hineingesogen. Denn das Baskenland hat eine düstere Vergangenheit, die gar nicht so weit zurückliegt. Der Roman spielt in einem Dorf, unweit von San Sebastián im spanischen Baskenland. Aramburu zeigt in seinem Roman anhand zweier Familien, wie eine Entscheidung alles zerstören kann. Als der älteste Sohn der einen Familie dem bewaffneten Kampf der ETA beitritt und der Vater der anderen von derselben Organisation erpresst wird, beginnt alles auseinander zu fallen. In wunderbarer Prosa beschreibt Aramburu das Leid und die Zerstörung, die der Terrorismus nach sich zieht und wie lange es dauert, wieder zueinander zu finden, nachdem man ein solch großes Trauma erlebt hat.
Und obwohl ich in meiner Zeit in Biarritz viel über die baskische Geschichte gelernt habe (ich habe die “Grottes de Sare” besucht, kenne die Legende von Roland und der Schlacht um Roncesvalles und weiss, dass der “Grand Palais” in Biarritz ein Geschenk von Napoleon an Josephine war) aber nie hat jemand die ETA auch nur mit einem Wort erwähnt. Deshalb dachte ich mir, ich sollte mir Infos aus erster Hand besorgen und fragte meinen Freund Iñigo, der in San Sebastián aufgewachsen ist und nach wie vor dort lebt. Ich habe eine wunderbare Erinnerung an einen wunderbar lauen Sommerabend, an dem Iñigo eine Bartour durch San Sé anführte und uns die besten Orte für Pintxos (baskische Tapas), Wein, Bier und Cider zeigte und wir einfach geniessen konnten. Hier ist also das Interview mit Iñigo, der sich zu meinem Glück bereit erklärt hat einige Fragen zu beantworten und mir und euch ein paar Hintergrundinformationen zu “Patria” geliefert hat:

Was bedeutet es für dich, Baske zu sein?
Basken sind ein Volk, das seit Jahrtausenden zwischen Spanien und Frankreich lebt. Die meisten davon in Aquitanien (Südfrankreich) und die Pyrenäen bilden den Knotenpunkt der Region. Historisch gesehen, kann man sagen, dass es das baskische Volk geschafft hat, seine Essenz zu bewahren, trotz Beziehungen und Austausch mit anderen Kulturen und Regierungen, wie den Römern, Napoleon oder Franco. Wir sind ein stolzes Volk – stolz auf unsere unglaublich alte Sprache und unsere Traditionen.
Wie würdest du jemandem das Baskenland beschreiben, der noch nie dort war?
Das Baskenland ist eine wunderschöne Gegend mit zauberhaften Stränden, majestätischen Bergen und kleinen, traditionellen Dörfern. Aber es gibt auch modernes, urbanes Leben, in Bilbao zum Beispiel.
Was macht das Baskenland so außergewöhnlich?
Ich glaube, es ist die Stimmung, die Traditionen und die Gastronomie, die das Baskenland so außergewöhnlich machen.
Wenn du nur eine einzige Aktivität im Baskenland empfehlen könntest, was wäre diese?
San Sebastián ist das Kronjuwel, ohne Zweifel. Die Stadt ist wunderschön, aber das ist noch nicht alles. San Sé ist die Stadt mit den meisten Michelin Sternen per Quadratmeter, aber auch das ist noch nicht alles. Ich glaube, was die Stadt so einzigartig macht ist die Atmosphäre der Pintxos, der “sidrerias” und die traditionellen Sportarten (“traineras”, eine Art des Ruderns; Pelota, eine baskische Ballsportart, etc.).
Bist du jemals mit der ETA in Berührung gekommen, als du noch ein Kind warst? Ist es noch ein aktuelles Thema?
Ich habe viele schlechte Erinnerungen. Ich erinnere mich, wie ich mit zehn Jahren zu Hause saß und aß. Plötzlich ein lauter Knall. Einige Minuten später bestätigten die Fernsehnachrichten, dass unweit von zu Hause eine Bombe hochgegangen ist und ein Mann getroffen wurde. Es stellte sich später heraus, dass es ein Freund meiner Mutter war und er seine beiden Beine bei der Explosion verlor.
In der Schule hielten wir jedes Mal, wenn es ein weiteres Attentat gab, eine Schweigeminute.
Es ist so schade, dass viele Leute diese Terrorakte verteidigten und rechtfertigten, nur damit das Baskenland unabhängig werden könnte.
Was wünschst du dir für deine kleine Tochter und die Zukunft im allgemeinen?
Ich wünsche mir, dass sie glücklich ist und ein erfülltes Leben hat – wie alle Eltern wahrscheinlich. Ich bin froh, dass sie an einem Ort aufwachsen kann, an dem Frieden herrscht und sie alle Freiheiten hat, die sie sich nur wünschen könnte.
Du meintest in einem früheren Gespräch, jeder Baske sollte “Patria” lesen. Warum?
Ja, natürlich. Für alle diejenigen, die die Zeiten des ETA-Terrors erlebt haben, ist es ein guter Reminder, was nie wieder passieren darf und wie unsinnig das alles war. Und für die jungen Leute ist es ein guter Weg, zu lernen, was vor nicht allzu langer Zeit in ihrem Land passiert ist. Dieses Buch ist perfekt, um die Erinnerungen am Leben zu erhalten und die wir niemals vergessen dürfen.
Und ich glaube, der letzte Satz ist der perfekte Schlusssatz für diesen Blogpost! Danke nochmals, Iñigo, für diese offenen, ehrlichen Antworten über dein Heimatland.
The Basque Country – An introspection
As I’ve mentioned on here before, I adore France – more concretely the Basque country. I’ve spent multiple months in Biarritz, learning the language, making friends, exploring the region and falling in love with this place. It’s got it all: the seaside, the mountains, great food, fascinating history, small villages, old traditions and a language that poses a riddle for linguists.

So, I knew from the start that I wanted to cover a book set in this place and went on a hunt for literature set in the Basque country. I found Homeland by Fernando Aramburu and from the first page, I was sucked into this dramatic (hi)story. Because the Basque country has a dark past, that sadly is not so far in the past as one might think. The novel takes place in a small town close to San Sebastián in Spanish Basque country. It’s about two families and how decisions can destroy everything. The eldest son of one of the families joins the armed combat of ETA and the father of the other family is being blackmailed, everything slowly starts to crumble. In wonderful prose Aramburu tells the suffering and destruction follows terrorism and how it can take decades to slowly finding to each other after trauma as big as this.
And even though I had learned about parts of Basque history (I visited the Grottes de Sare, knew about the legend of Roland and the battle of Roncesvalles or that the Grand Palais in Biarritz was a gift from Napoleon to Josephine) but no one had ever mentioned ETA. So, I thought I’d hit up my friend Iñigo, born and bred in San Sebastián. I have very fond memories of an evening of a bar tour through San Sé which he led. We had yummy pintxos (tapas in Basque), lots of wine, beer and cider and a lot of fun. So here’s the interview with Iñigo, which he thankfully did with me and which gave me some new perspectives on the Basque country and the novel:
What does it mean to you to be Basque?
Basques are a people who have lived between Spain and France way before these countries even existed. Most of them in Aquitaine (Southern France) and the Pyrenees form the junction point. Historically, you can say that this people managed to maintain its essence, even with exchanges and relations with other cultures like the Romans, Nopoleon, Franco, etc. We are a proud people – proud of our ancient language and our customs.
How would you describe the Basque country to someone who’s never been?
Basque country is a beautiful place with magnificent beaches, beautiful mountains and small traditional towns. But you can also get some modernity in Bilbao for example.
What makes the Basque country so special?
I think it’s the general ambiance, the customs and the gastronomy that makes the Basque country so special.
If you could only recommend doing one thing in Basque country, what would it be?
San Sebastián is the crown jewel without a doubt. The town is beautiful, but that’s not all there is. It’s the city with the most Michelin stars per square metres in the world, but that’s not all there is either. I think what makes it really special is the atmosphere of pintxos, the atmosphere of a cider house, going to see the traditional sports (traineras, a kind of rowing; Basque pelota, a ball sport etc.)
Have you ever been in afflicted by ETA in any way when you were a kid? Is it still a current topic?
I’ve got a lot of bad memories. I remember being ten years old and I was eating lunch at home and suddenly there was a loud noise. A couple of minutes later the tv news confirmed that a bomb had gone off and the man who had been hit, was a good friend of my mother’s and he’d lost two legs.
At school, we’d have a minute of silence every time there was an assassination.
It’s too bad that there were so many people who defended these acts of terrorism to obtain the independence for the Basque country.
What do you wish for your young daughter and the future in general?
I wish that she’s happy and that she has a full life. Like every parent, I guess. I am very happy that she will grow up in a region that is now at peace with all the liberties she could wish for.
You told me, every Basque should read “Homeland”. Why is that?
Yeah, of course. For everyone who has lived through the ETA terrorism, it’s a good reminder to what should never happen again and what nonsense it was at the time. For the young people it’s a good way to learn about what has happened here, not very long ago. This book is a great way to keep the memory alive and we must never forget.

And I think that last sentence is the perfect way to wrap up this blogpost! And thanks again, Iñigo, for the very open and honest words about your home country.